Projekt Termine Berichte Macher Schulen Unterstützung Presse




Pressemitteilungen
Pressespiegel
2004
2003
Volltext
 NWZ 08.12.2003
 MZ 21.11.2003
 LKZ 21.11.2003
 STN 19.11.2003
 StZ 08.11.2003
 STN 30.10.2003
 StZ 30.10.2003
 epd 28.10.2003
 MZ 24.10.2003
 LKZ 23.10.2003
 NWZ 01.10.2003
 GZ 01.10.2003
 GZ 22.09.2003
 StZ 22.09.2003
 NWZ 22.09.2003
 NWZ 20.09.2003
 StZ 16.09.2003
 GZ 13.09.2003
 NWZ 13.09.2003
 NWZ 17.07.2003
 StZ 17.07.2003
 StZ 06.06.2003
 NWZ 06.06.2003
 GZ 05.06.2003
 NWZ 08.02.2003
 StZ 31.01.2003
 NWZ 31.01.2003
Printversion
2002
2001
Service







Evangelischer Pressedienst (epd) vom 28. Oktober 2003

Die Benimm-Tante soll's richten
Knigge-Kurse für Kids werden in Deutschland immer beliebter

Von Jörg Schneider (epd)

Frankfurt a.M. (epd).

Eine Teilnehmerin des VHS-Kurses "Knigge für Azubis" von Kursleiterin Katja Thalheim studiert in Sayda bei Dresden ein Lehrbuch für Benimm-Regeln. Knigge-Kurse für Kids werden in Deutschland immer beliebter
Sie sollen ordentlich und hilfsbereit sein, Taschentücher benutzen und sich auch mal die Füße waschen. Immer mehr Eltern, Lehrer und Politiker beklagen sich über Unlust und Disziplinlosigkeit von Kindern und Jugendlichen. Anstand, Rücksichtnahme, Höflichkeit und Disziplin - diese Werte liegen im Trend. Von einem regelrechten Boom spricht die Medienwissenschaftlerin Birgit Hostmann aus Paderborn, die seit vier Jahren Knigge-Kurse anbietet.

"Der Trend verschiebt sich von Erwachsenenkursen zu Kursen für Kinder und Jugendliche", sagt Hostmann. Gute Manieren sind für die Trainerin nicht nur Glückssache. Das richtige "Know-how" gehört auch dazu, weiß sie. Nach der Ankündigung des saarländischen Kultusministers Jürgen Schreier (CDU), er werde ab Februar Anstand und Benehmen auf den Stundenplan setzen und das "Ende der Unhöflichkeit" einleiten, sei die Nachfrage nach Kursen nochmals gestiegen.

Praktiker wie der Leiter des evangelischen Internatsgymnasiums Schloss Gaienhofen am Bodensee, Dirk Vollkammer, halten einen Knigge-Unterricht für unumgänglich. "Das Vermitteln guter Umgangsformen ist ebenso wichtig wie die Heranführung an die Kurvendiskussion", sagt er.

Viele Eltern und Unternehmer in Deutschland warten aber nicht auf die Schule, sondern schicken ihre Kinder oder Azubis in Knigge-Kurse. Wie stark darf ich mich schminken? Was mache ich, wenn ich niesen muss? Wie reagiere ich, wenn ein Junge nach Knoblauch riecht? - Das sind häufig gestellte Fragen in Hostmanns Kursen. Sie gibt den Jugendlichen Tipps, was man am Telefon sagt, wie man eine Forelle isst und am elegantesten aus einem Fettnäpfchen wieder herauskommt.

Die durch Fernsehauftritte bekannte Kommunikationstrainerin und Autorin Elisabeth Bonneau ("Knigge für Kids") stellt bereits seit Mitte der 90er Jahre bei Erwachsenen einen Trend zu Knigge-Kursen fest. Daher sei es kein Wunder, "dass man das den Kindern jetzt auch beschert". Ein untrügliches Zeichen dafür, dass gute Umgangsformen bei Jugendlichen immer gefragter sind, ist für Dagmar von Cramm aus Freiburg die Steigerung der Auflage ihres Buches "Kinder-Knigge". Dies sei "sehr untypisch" für ein Buch, das bereits seit zwei Jahren auf dem Markt ist.

Julia C. Belmore, Trainerin beim Management Centrum Schloss Lautrach im Allgäu, bietet in Firmen Seminare für angehende Führungskräfte und Azubis an. "Die Wartelisten sind lang. Wer teilnehmen kann, ist hoch motiviert." Belmore vermittelt den Jugendlichen und jungen Erwachsenen, dass gute Umgangsformen vor allem etwas mit Lebensfreude und dem Wahrnehmen des anderen zu tun haben. "Viele meinen, sie müssten eine Ich-AG sein nach dem Motto: Ich komme durch die Tür und der andere nicht. Wenn du aber gut drauf bist, lässt du jemanden vor."

Die 15-jährige Josephine Loretz vom Münchner Willi-Graf-Gymnasium sieht das ähnlich. Sie fände es toll, wenn alle Schüler wenigstens die grundlegenden Umgangsformen lernten. Anna Gianmarco (14) aus München wünscht sich, dass die soziale Intelligenz und der Umgang miteinander gefördert werden. "Aber es ist mehr in, cool zu sein. Vielen fehlt das Selbstvertrauen, die eigene Meinung zu sagen."

"Gute Umgangsformen der Jugendlichen werden im privaten und beruflichen Umgang zunehmend geschätzt", weiß Karl Hermann Künneth, Leiter von Seminaren für gutes Benehmen in München. Die Realität sieht für ihn jedoch anders aus: "Die meisten Jungs rotzen und rülpsen, zeigen ein total rüpelhaftes Benehmen und glänzen mit unflätigster Ausdrucksweise." Von einem Benimm-Unterricht an Schulen hält Künneth aber wenig: "Welche Lehrer wollen sie dazu verwenden? Manche sind ja schlechter angezogen als die Schüler."

Gernot Imgart, Direktor des Hauptschulprojekts "Stufen zum Erfolg" der Wirtschaftsjunioren Göppingen, kann über den Vorschlag des saarländischen Kultusministers und die Reaktionen "nur schmunzeln". Die Wirtschaftsjunioren hätten bereits seit 2001 ohne viel Aufsehen Benimm-Unterricht in die Klassenzimmer von Hauptschulen im Kreis Göppingen gebracht. Viele Unternehmen stünden vor dem Problem, dass Schulabgängern oft die Kenntnis der einfachsten Regeln des Zusammenlebens fehlt.

Derzeit schulen Trainer aus der Wirtschaft etwa 1.000 Jugendliche mit dem Ziel, ihnen zu einer Lehrstelle zu verhelfen. "Wenig Sinn macht es, wenn eine Benimm-Tante in die Schule geht und erklärt, wie Schüler sich zu verhalten haben", sagt Imgart. Ein besserer Ansatz sei, die Jugendlichen zu befähigen, entscheidende Situationen wie Bewerbergespräche zu bestehen und das innere Chaos zu beherrschen. Eltern und Lehrer seien nach dem Training oft überrascht: "Was habt ihr eigentlich mit unseren Kindern gemacht?"

Internet: www.meine-vhs.de, Knigge-Kurse der Volkshochschulen unter dem Stichwort "Knigge"

Literatur: Bonneau, Elisabeth: Spaghetti, Jeans und gute Sprüche - Knigge für Kids, Ellermann Verlag 1998.

Cramm, Dagmar von: Kinder-Knigge - Höflichkeit, Rücksichtnahme, Tischmanieren; Südwest-Verlag 2001. (1329/28.10.03)



     
 
Letzte Aktualisierung: 21.10.2008
 Copyright © seit 2000 Wirtschaftsjunioren Göppingen