Stufen zum Erfolg, 21.10.2008
URL:
StzE-Pressespiegel 2003
Artikel aus den Stuttgarter Nachrichten vom 19.11.2003 Mit Knigge zur Ausbildung Projekt an Hauptschulen Die erste Aufgabe ist denkbar einfach. "Stellen Sie sich einfach mal cool
hin", fordert Imageberaterin Anna Pressl die Achtklässler der Reisachschule in
Weilimdorf auf. Gekicher und Getuschel auf beiden Seiten. Die Jungs schieben die
Hände in die Hosentasche, ziehen ihren Nacken ein. Die Mädchen neigen den Kopf
kokett zur Seite, lassen ihre Arme locker fallen. "Sieht echt gut aus", lobt
Pressl, "aber nur in der Freizeit." VON MICHAEL GERSTER Bei einem möglichen Arbeitgeber, lautet die Lektion dieser ungewöhnlichen
Unterrichtsstunde, komme so eine lasche Körperhaltung dagegen gar nicht gut an.
"Der achtet nämlich drauf, dass seine Mitarbeiter höflich und respektvoll
auftreten", sagt Pressl. Immer wieder gebe es Betriebe, die aus der Fülle der
Bewerber für eine Lehrstelle keinen geeigneten finden könnten, weil es am
Benehmen mangele. Die Botschaft kommt an, fast ehrfürchtig hören die Schüler zu.
Die Reisachschule gehört zu einer von fünf Hauptschulen, die in diesem Schuljahr
am Projekt "Stufen zum Erfolg" der Stuttgarter Wirtschaftsjunioren teilnehmen.
Zu dem von der Landesstiftung Baden-Württemberg geförderten Programm, das
bereits im Kreis Göppingen an über 50 Hauptschulen erfolgreich läuft, gehören
neben dem Kniggekurs auch ein Bewerbertraining, ein Motivationstraining, ein
Praktikum in einem Betrieb und die abschließende Präsentation des Projekts.
Einen Ausbildungsvertrag können die Wirtschaftsjunioren zwar nicht garantieren,
aber die bisherigen Erfahrungen zeigen: "Uns ist es sicher gelungen, die
Fähigkeit zur Ausbildung deutlich zu erhöhen", sagt Gernot Imgart. Dazu gehört
neben einer aufrechten Körperhaltung auch die angemessene Kleidung. Kritisch
mustert Anna Pressl die Schüler, von denen sich die meisten herausgeputzt haben,
als ginge es schon jetzt um eine Lehrstelle. Eine Mütze, das wissen die meisten
selbst, hat bei einem Gepräch mit dem künftigen Chef genauso wenig etwas
verloren wie in der Schulstunde. Aber wie steht es mit Turnschuhen? Pressl
mustert die Füße der Damen. "Alle haben Straßenschuhe, ich bin beeindruckt." Die
Mädchen kichern zufrieden. Ein raffiniert geschnittenes schwarzes Top über einer
Jeans steht zur Diskussion. "Ist das in Ordnung?", fragt die Benimmtrainerin.
Unschlüssiges Staunen bei den Schülern. "Wenn Sie das Gefühl haben, so könnte
ich auch in die Disco gehen, dann ist es falsch", lautet der klare Bescheid. Die
Begrüßung eines fremden Menschen ist ebenfalls ein Ritual, das gelernt sein
will. In der Mitte bilden die Mädchen einen Kreis. Die Jungs müssen von einem
zum anderen gehen und sich vorstellen. Wer wem die Hand zuerst reicht, wie man
den vollen Namen sagt - nicht für alle selbstverständlich. "Normalerweise sagen
wir hi", meint Bedri und zuckt mit den Schultern. Auch Tanja ist nachher
beeindruckt. Einiges habe sie zwar schon gewusst, aber dass es einen großen
Unterschied macht, ob die Hände vor oder hinter dem Rücken sind und die Beine
unter dem Tisch nach hinten gezogen oder in Schulterbreite fest auf dem Boden,
war ihr neu. Krankenschwester möchte sie mal werden oder aber Kfz-Mechanikerin.
Geht"s schief, lag"s zumindest nicht am schlechten Benehmen. Quelle: Stuttgarter Nachrichten online |